Mit dem Thema, inwieweit der Arbeitgeber durch sein Weisungsrecht die Gesundheit seiner Arbeitnehmer gefährden darf, hat sich gestern das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 28. April 2011 – 8 AZR 769/09 – auseinandergesetzt:
Die Anweisung an einen Arbeitnehmer, mit asbesthaltigem Material ohne Schutzmaßnahmen zu arbeiten, kann danach die bewusste Inkaufnahme von Gesundheitsschäden des Arbeitnehmers beinhalten. Dies wiederum kann Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber begründen. Diese begehrt der klagende Arbeitnehmer.
Dieser ist bei der beklagten Stadt beschäftigt. Zunächst war er als Betreuer für Asylbewerber in einem Asylbewerberheim tätig. Dort wurde er vom 1. Februar bis 5. Mai 1995 auf Weisung seines zuständigen Abteilungsleiters und des Heimleiters zu Sanierungsarbeiten herangezogen. Nach einem Hinweis darauf, dass bei diesen asbesthaltiger Staub freigesetzt werde, verfügte das Gewerbeaufsichtsamt am 5. Mai 1995 die Einstellung der Arbeiten. Der Kläger ist der Auffassung, die beklagte Stadt habe es grob fahrlässig unterlassen, ihm nötige Mittel des Arbeitsschutzes bereitzustellen. Darin liege angesichts der Erhöhung des Risikos einer Krebserkrankung ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit.
Die beklagte Stadt haftet für mögliche Schäden, die der Kläger aufgrund der Arbeiten mit asbesthaltigen Bauteilen erleidet, nur dann, wenn der für den Kläger zuständige Vorgesetzte ihm die Tätigkeit zugewiesen hat, obwohl ihm bekannt war, dass der Kläger damit einer besonderen Asbestbelastung ausgesetzt war und wenn er eine Gesundheitsschädigung des Klägers zumindest billigend in Kauf genommen hat (sog. bedingter Vorsatz). Ob diese Voraussetzungen für eine Haftung der beklagten Stadt vorliegen, muss das Landesarbeitsgericht nun aufklären.