Corona und Homeoffice – die neue Corona-ArbSchV

Mit der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 22. Januar 2021 gelten zunächst befristet zum 15. März 2021 verschärfte Regelungen für Arbeitgeber zum Schutz ihrer Mitarbeiter.

Hiermit soll erreicht werden, das Risiko einer Infektion am Arbeitsplatz zu minimieren.

Der Arbeitgeber ist angehalten alle organisatorischen und technischen Möglichkeiten zu nutzen, um die Verbreitung des SARS Virus einzudämmen.

Es ist unter anderem vorgesehen, dass bei Bürotätigkeiten die Möglichkeit zum Homeoffice angeboten werden soll. Dies gilt nur dann, wenn keine dringenden betrieblichen Gründe dem entgegenstehen. Eine Verpflichtung für den Arbeitnehmer auch tatsächlich ins Homeoffice zu wechseln sieht die Verordnung nicht vor. Allerdings stellt sich die Frage, ob dies nicht bereits vom Weisungsrecht des Arbeitgebers abgedeckt wird. Auf der Internetseite der Bundesregierung wird dies zumindest negiert.

Arbeitnehmer, die nicht im Homeoffice arbeiten können, sollen besonders geschützt werden. Hierfür sollen betriebliche Zusammenkünfte auf ein Minimum reduziert werden. Die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen soll möglichst vermieden werden. Ist dies nicht möglich, so darf eine Mindestfläche von zehn Quadratmetern für jede im Raum befindliche Person nicht unterschritten werden, soweit die auszuführenden Tätigkeiten dies zulassen. Ist auch dies nicht möglich, oder kann der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden, muss der Arbeitgeber seinen Beschäftigten medizinische Masken zur Verfügung stellen. Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall verpflichtet, diese auch zu tragen. Bei Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten, sollen möglichst kleine Arbeitsgruppen gebildet werden. Diese sollen zeitversetzt arbeiten.

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Arbeitsschutzstandard des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

Unter dem Link

https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Schwerpunkte/sars-cov-2-arbeitsschutzstandard.pdf?__blob=publicationFile&v=1

finden sich die am 16.04.2020 vom BMAS veröffentlichten SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards, die aktuell bei jedem Arbeitgeber Beachtung finden sollten.

Es ist die Aufgabe des Arbeitgebers darauf zu achten, dass ausreichend Abstand eingehalten werden kann, die Hygiene und Reinigung im Betrieb gewährleistet wird und eine Ansteckung minimiert wird.

Hierbei unterscheidet das Ministerium zwischen besonderen technischen Maßnahmen, besonderen organisatorischen Maßnahmen und besonderen persönlichen Maßnahmen.

Die Wesentlichen Faktoren bleiben die Einhaltung von mindestens 1,5m Abstand, Händewaschen, Reinigung von Türklinken, Werkzeug und Arbeitsmaterial, Lüftung der Räume, möglichst wenig Kontakt zu anderen Personen, Homeoffice und eine Minimierung von Dienstreisen und Meetings. Es soll eine Dokumentation von betriebsfremden Personen im Betrieb stattfinden. Ggf. soll auch ein Mund-Nase-Schutz zur Verfügung gestellt werden.

Besonderer Schutz soll auch für Mitarbeiter mit Anzeichen auf eine Infektion gelten. Diese sind nach Möglichkeit aufzufordern den Betrieb zu verlassen oder direkt zuhause zu bleiben.

Unter Punkt 14 findet sich ein Hinweis auf die psychische Belastung der Arbeitnehmer. Die psychische Belastung der Arbeitnehmer soll im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt und darauf basierend sollen geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Dies gilt insbesondere für besonders gefährdete Personen.

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Corona und Arbeitsrecht

Ein Virus legt Deutschland lahm. Aber was genau bedeutet das eigentlich für mein Arbeitsverhältnis?

Wenn ich an dem Virus erkranke, bekomme ich – wie bei jeder anderen Krankheit auch – Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für maximal sechs Wochen und ggf. anschließend Krankengeld.

Wenn ich durch das Virus in Quarantäne muss greift das Infektionsschutzgesetz. Danach bekomme ich eine Entgeltfortzahlung für maximal sechs Wochen vom Arbeitgeber und danach Leistungen in Höhe des Krankengeldes vom Amt.

Wenn ich nicht zur Arbeit gehen kann, weil ich mein Kind betreuen muss, bekomme ich kein Geld von meinem Arbeitgeber. Bislang empfiehlt die Regierung Regelungen mit dem Arbeitgeber zu finden, die beides möglich machen sollen.

Wenn mein Arbeitgeber Kurzarbeit beantragen möchte, kann er dies nicht einseitig tun. Hierzu legt er in aller Regel eine Vereinbarung vor, soweit keine tarifliche oder betriebliche Vereinbarung zur Kurzarbeit im Betrieb besteht. Im Falle von Kurzarbeit gibt es Leistungen vom Amt in Höhe von 60-67 % der Nettoentgeltdifferenz.

Wenn ich aus sonstigen Gründen nicht zur Arbeit gehen möchte, gilt dies in aller Regel als Arbeitsverweigerung und kann zu Abmahnung und Kündigung führen. Natürlich sind aber auch hier die Einzelfälle gesondert zu prüfen.

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Zur Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses

In seiner Entscheidung vom 7.10.2015, 7 AZR 40/14 macht das BAG deutlich, dass nicht jede Art der Weiterbeschäftigung unmittelbar zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis führen muss.

Im vorliegenden Fall bestand ein befristetes Arbeitsverhältnis. Dieses sollte wiederum befristet verlängert werden. Der Mitarbeiter erschien jedoch nicht zur angebotenen Vertragsunterzeichnung und setzte sein Arbeitsverhältnis über den Befristungszeitpunkt fort. Hierzu bestätigt das BAG zunächst die bisherige Rechtsprechung:

Der Abschluss eines Arbeitsvertrags bedarf nicht der Schriftform. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG gilt nur für die Befristung des Arbeitsvertrags. Schließen die Parteien nur mündlich einen befristeten Arbeitsvertrag, ist die Befristung nach § 125 Satz 1 BGB nichtig. Das hat zur Folge, dass nach § 16 Satz 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Parteien vor Vertragsbeginn zunächst mündlich einen befristeten Arbeitsvertrag abschließen und das mündlich Vereinbarte nach der Arbeitsaufnahme durch den Arbeitnehmer schriftlich niederlegen. In diesem Fall ist die zunächst mündlich getroffene Befristungsabrede nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 Satz 1 BGB nichtig mit der Folge, dass bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Die spätere schriftliche Niederlegung der zunächst nur mündlich vereinbarten Befristung führt nicht dazu, dass die zunächst formnichtige Befristung rückwirkend wirksam wird (vgl. hierzu BAG 16. März 2005 – 7 AZR 289/04 – zu I 2 der Gründe, BAGE 114, 146). Dadurch kann allenfalls das bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis nachträglich befristet werden. Hierzu sind allerdings auf die Herbeiführung dieser Rechtsfolge gerichtete Willenserklärungen der Parteien erforderlich (BAG 16. April 2008 – 7 AZR 1048/06 – Rn. 12).“

Im vorliegenden Fall betrachtet es die Lage jedoch anders. Es geht davon aus, dass hier gar kein Arbeitsvertrag begründet wurde, sondern lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis vorliegt.

Obwohl der Abschluss eines Arbeitsvertrags als solcher formfrei möglich ist, kann der Arbeitgeber den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags von der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch den Arbeitnehmer abhängig machen. In diesem Fall kann ein vor der Arbeitsaufnahme abgegebenes schriftliches Vertragsangebot des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer nur durch eine den Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB genügende Annahmeerklärung angenommen werden. Hat der Arbeitgeber in den Vertragsverhandlungen mit dem Arbeitnehmer den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags ausdrücklich unter den Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsschlusses gestellt oder dem Arbeitnehmer die schriftliche Niederlegung des Vereinbarten angekündigt, so ist diese Erklärung ohne Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) dahingehend zu verstehen, dass der Arbeitgeber dem sich aus § 14 Abs. 4 TzBfG ergebenden Schriftformgebot entsprechen will und seine auf den Vertragsschluss gerichtete Erklärung nur durch die der Form des § 126 Abs. 2 BGB genügende Unterzeichnung der Vertragsurkunde angenommen werden kann (BAG 16. April 2008 – 7 AZR 1048/06 – Rn. 14). Der Arbeitnehmer kann in Fällen, in denen der Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags von der Einhaltung des Schriftformerfordernisses abhängen soll, ein ihm vorliegendes schriftliches Vertragsangebot des Arbeitgebers nicht durch die Arbeitsaufnahme konkludent, sondern nur durch die Unterzeichnung der Vertragsurkunde annehmen. Nimmt der Arbeitnehmer vor diesem Zeitpunkt die Arbeit auf, entsteht zwischen den Parteien lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis, weil es an der Abgabe der zum Vertragsschluss erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen fehlt (BAG 16. April 2008 – 7 AZR 1048/06 – Rn. 14). Dabei kann dahinstehen, ob die Arbeitsaufnahme des Arbeitnehmers als ein konkludentes Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags zu den zuvor vereinbarten Bedingungen angesehen werden kann. Hat der Arbeitgeber durch sein vor der Arbeitsaufnahme liegendes Verhalten verdeutlicht, dass er den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags von der Einhaltung des Schriftformgebots des § 14 Abs. 4 TzBfG abhängig machen will, liegt in der bloßen Entgegennahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers regelmäßig nicht die Annahme eines vermeintlichen Vertragsangebots des Arbeitnehmers. Dieser kann das schriftliche Angebot des Arbeitgebers dann noch nach der Arbeitsaufnahme durch die Unterzeichnung des Arbeitsvertrags annehmen (BAG 16. April 2008 – 7 AZR 1048/06 – Rn. 14).“

Danach ist zwischen den Parteien kein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden, da die Beklagte der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kurz vor dem Ende der Vertragslaufzeit widersprochen hat. Die Beklagte hat dem Kläger die Unterzeichnung eines zum 6. Juni 2012 befristeten schriftlichen Arbeitsvertrags angeboten und dies mit der Erklärung verbunden, ohne eine Vertragsunterzeichnung vor dem 31. Dezember 2011 komme keine Vertragsverlängerung zustande, das Arbeitsverhältnis ende dann am 31. Dezember 2011. Damit hat die Beklagte der unbefristeten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch vor dem Ende der Vertragslaufzeit widersprochen und dadurch den Eintritt der gesetzlichen Fiktion des § 15 Abs. 5 TzBfG verhindert (vgl. hierzu BAG 5. Mai 2004 – 7 AZR 629/03 – zu II 2 b der Gründe, BAGE 110, 295). Aufgrund der Erklärung der Beklagten bestand für die gesetzliche Fiktion kein Raum. Die Beklagte hatte dem Kläger unmissverständlich zu erkennen gegeben, mit einer unbefristeten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht einverstanden zu sein. Dies hinderte auch für die Zeit der tatsächlichen Beschäftigung des Klägers den Eintritt der in § 15 Abs. 5 TzBfG bestimmten Fiktion. Das gilt auch angesichts der mehr als fünfmonatigen Dauer der Beschäftigung des Klägers nach dem 31. Dezember 2011. Allein aus der Dauer der Beschäftigung konnte der Kläger ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht folgern, dass die Beklagte an ihrem Widerspruch nicht festhalten wollte. Umstände, die auf eine Aufgabe des Widerspruchs und den Willen der Beklagten schließen lassen könnten, den Kläger trotz der fehlenden Unterzeichnung des befristeten Arbeitsvertrags und damit dauerhaft weiterzubeschäftigen, hat der Kläger nicht dargelegt.“

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Womit sich das BAG sonst noch beschäftigen muss …

Oftmals geht es einfach nur ums Prinzip. Und solche Fälle können in der Arbeitsgerichtsbarkeit schon mal durch drei Instanzen gehen. Im folgenden Fall ging es um die Erstattung von 14,36 € für ein Schulbuch.

Der Arbeitgeber hat einem Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung von § 670 BGB Aufwendungen zu ersetzen, die dieser in Bezug auf die Arbeitsausführung gemacht hat, wenn die erbrachten Aufwendungen nicht durch das Arbeitsentgelt abgegolten sind und der Arbeitnehmer sie nach verständigem Ermessen subjektiv für notwendig halten durfte.
Der Kläger ist beim beklagten Land als Lehrer angestellt. Er hatte im Schuljahr 2008/2009 in der fünften Klasse einer Hauptschule Mathematik zu unterrichten. Das beklagte Land stellte ihm das von der zuständigen Stelle für den Unterricht bestimmte Schulbuch zu Beginn des Schuljahres nicht zur Verfügung. Nachdem der Kläger bereits im Vorjahr das beklagte Land erfolglos aufgefordert hatte, ihm ein für den Unterricht erforderliches Schulbuch zu überlassen, und der Leiter der Hauptschule die Überlassung des für den Mathematikunterricht benötigten Schulbuchs aus der Schulbibliothek abgelehnt hatte, kaufte der Kläger das Buch selbst. Der Kläger, der bereit war, das Schulbuch dem beklagten Land zu übereignen, verlangte von diesem ohne Erfolg die Erstattung des Kaufpreises in Höhe von 14,36 Euro. Das beklagte Land hat gemeint, die Kosten für Lehrmittel und damit auch Schulbücher habe die örtliche Gemeinde als Trägerin der Hauptschule zu tragen. Der Kläger solle sich an die Gemeinde wenden oder die Kosten für den Erwerb des Schulbuchs im Rahmen der Steuererklärung geltend machen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und das beklagte Land zur Erstattung des Kaufpreises verurteilt.
Die Revision des beklagten Landes hatte vor dem Neunten Senat des  Bundesarbeitsgerichts, der an die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht gebunden war, keinen Erfolg. Das beklagte Land als Arbeitgeber des Klägers und nicht die Gemeinde als Schulträgerin ist verpflichtet, dem Kläger den Kaufpreis für das Schulbuch zu erstatten. Mit dem Hinweis, der Kläger könne die Aufwendungen für den Kauf des Buchs als Werbungskosten steuermindernd geltend machen, konnte das beklagte Land sich dieser Verpflichtung nicht entziehen. Maßgebend ist, dass der Kläger ohne das von den Schülern benutzte Schulbuch nicht in der Lage war, ordnungsgemäß Mathematikunterricht zu erteilen. Die Kosten für den Erwerb des Buchs waren nicht durch die Vergütung des Klägers abgegolten.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. März 2013 – 9 AZR 455/11
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 2. Mai 2011 – 8 Sa 1258/10

 

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Religionsfreiheit vs. Kirche

Normalerweise dürfte der Austritt aus einer Kirche nicht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen. Das wäre eine Mißachtung der Religionsfreiheit und des AGG. Eine Ausnahme besteht, wenn der Arbeitnehmer für eine kirchliche Einrichtung arbeitet. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht am heutigen Tag seine Entscheidung veröffentlicht:

„Der Austritt eines Mitarbeiters einer von einem katholischen Caritasverband getragenen Kinderbetreuungsstätte aus der katholischen Kirche kann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden
Gesetze selbst. Dieses Recht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten karitativen Einrichtungen zu. Es ermöglicht ihnen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst auch im Rahmen privatrechtlich begründeter Arbeitsverhältnisse entsprechend ihrem Selbstverständnis zu regeln.
Nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse von 1993 ist der Austritt aus der katholischen Kirche ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters nicht zulässt. Im Kündigungsschutzprozess haben die Arbeitsgerichte zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer – etwa auf Glaubens- und Gewissensfreiheit – und dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft abzuwägen.

Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat – wie die Vorinstanzen – die Klage eines seit 1992 beim beklagten Caritasverband beschäftigten Sozialpädagogen gegen eine auf seinen Austritt aus der katholischen Kirche gestützte Kündigung abgewiesen. Der Kläger arbeitete in einem sozialen Zentrum, in dem Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut werden. Die Religionszugehörigkeit der Kinder ist ohne Bedeutung. Religiöse Inhalte werden nicht vermittelt. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus.
Gegenüber dem Beklagten nannte er als Beweggründe die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die „Piusbruderschaft“ und die Karfreitagsliturgie, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete.
Der Kläger hat durch seinen Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen. Aufgrund dessen war es dem Beklagten nicht zumutbar, ihn als Sozialpädagogen weiterzubeschäftigen. Nach dem kirchlichen Selbstverständnis leistete der Kläger unmittelbar „Dienst am Menschen“ und nahm damit am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teil. Ihm fehlt infolge seines Kirchenaustritts nach dem Glaubensverständnis des Beklagten die Eignung für eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Dienstgemeinschaft. Zwar hat auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers ein hohes Gewicht. Sie musste aber hier hinter das Selbstbestimmungsrecht des Beklagten zurücktreten. Dieser kann im vorliegenden Fall von den staatlichen Gerichten nicht gezwungen werden, im verkündigungsnahen Bereich einen Mitarbeiter weiterzubeschäftigen, der nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat. Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht. Für Sozialpädagogen gibt es zudem auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten.
Der Kläger wird durch die Kündigung nicht iSv. § 1, § 7 AGG diskriminiert. Die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 AGG gerechtfertigt. Eine entscheidungserhebliche Frage der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 stellte sich angesichts der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit nicht.“
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 25. April 2013 – 2 AZR 579/12 –
Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – Urteil vom 9. März 2012 – 12 Sa 55/11 –

 

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AGG bei der Einstellung

Das Bundesarbeitsgericht hat sich zu der Frage geäußert, ob eine Bewerberin einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, des Alters und ihrer Herkunft haben kann, wenn zunächst kein Anhaltspunkt für eine solche Diskriminierung vorliegt. Insbesondere hat eine abgelehnte Bewerberin keinen Anspruch auf Auskunft, ob ein anderer Bewerber die angestrebte Stelle bekommen hat. Im einzelnen führt das Gericht aus:

„Die 1961 in der Russischen SSR geborene Klägerin hatte sich im Jahre 2006 auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle eines/einer Softwareentwicklers/-in erfolglos beworben. Die Beklagte teilte ihr nicht mit, ob sie einen anderen Bewerber eingestellt hatte und gegebenenfalls, welche Kriterien für diese Entscheidung maßgeblich gewesen waren. Die Klägerin behauptet, sie habe die Voraussetzungen für die ausgeschriebene Stelle erfüllt und sei lediglich wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer Herkunft nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und damit unter Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) diskriminiert worden. Sie hat von der Beklagten eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Einen Anspruch der Klägerin auf Auskunft gegen die Beklagte, ob diese einen anderen Bewerber eingestellt hat und gegebenenfalls aufgrund welcher Kriterien, sah der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts nach nationalem Recht nicht. Auf seine Vorlage an den EuGH hatte dieser mit Urteil vom 19. April 2012 (- C-415/10 -) entschieden, dass sich ein solcher Auskunftsanspruch auch nicht aufgrund des Gemeinschaftsrechts ergibt, die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen durch einen Arbeitgeber jedoch unter Umständen einen Gesichtspunkt darstellen kann, welcher beim Nachweis der Tatsachen heranzuziehen ist, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung des EuGH blieb die Entschädigungsklage vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Die Klägerin hat zwar auf ihr Geschlecht, ihr Alter und ihre Herkunft hingewiesen, jedoch keine ausreichenden Indizien dargelegt, welche eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen und die nach § 22 AGG zu einer Beweislast der Beklagten dafür führen würden, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat. Auch die Verweigerung jeglicher Auskunft durch die Beklagte begründete im Streitfalle nicht die Vermutung einer unzulässigen Benachteiligung der Klägerin iSd. § 7 AGG.“

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 25. April 2013 – 8 AZR 87/08 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil vom 9. November 2007 – H 3 Sa 102/07 –

Fazit: Es genügt nicht, dass man die Vermutung hat, diskriminiert zu werden. Vielmehr muss noch ein weiteres Indiz dazu kommen, um einen Schadensersatz begründen zu können. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Stellenausschreibung nicht den Anforderungen des AGG genügt.

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Altersdiskriminierung bei der Einstellung

Sucht ein öffentlicher Arbeitgeber in einer an „Berufsanfänger“ gerichteten Stellenanzeige für ein Traineeprogramm „Hochschulabsolventen/Young Professionells“ und lehnt er einen 36jährigen Bewerber mit Berufserfahrung bei einer Rechtschutzversicherung und als Rechtsanwalt ab, so ist dies ein Indiz für eine Benachteiligung dieses Bewerbers wegen seines Alters.

Der Arbeitgeber trägt dann die Beweislast dafür, dass ein solcher Verstoß nicht vorgelegen hat. Er darf sich darauf berufen, dass der Bewerber aufgrund seiner im Vergleich zu den Mitbewerbern schlechteren Examensnoten nicht in die eigentliche Bewerberauswahl einbezogen worden ist.

So entschied: Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 24. Januar 2013 – 8 AZR 429/11 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom
14. Januar 2011 – 9 Sa 1771/10 –

Fazit: Das AGG soll vor Benachteiligungen aus Gründen des Alters, der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung oder der sexuellen Identität schützen. Im Ergebnis kommt es auf die Formulierung der Stellenausschreibung und die Begründung der Ablehnung durch den Arbeitgeber an. Wer seine Stellenausschreibung möglichst neutral formuliert, kann Klagen dieser Art bereits vorbeugen.

 

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Vorsicht bei Post von sog. „Auskunft-Zentralen“

Heute war mal wieder Post von einer Auskunft-Zentrale im Briefkasten. Das Schreiben sei bereits am 02.10.2012 per Post zugesandt worden!, steht da.  Das Ganze ist auf Umweltpapier gedruckt und wirkt – zumindest auf den ersten Blick – hoch offiziell. Man müsse seine Daten ergänzen und das Schreiben unterschrieben bis zum 12.11.12 per Fax an die Nummer 0800 … übersenden. Im Kleingedruckten findet man dann den Hinweis, dass es sich hierbei um einen kostenpflichtigen Eintrag auf einer Internetseite handelt. Das Angebot ist nicht einmal besonders günstig. Für zwei Jahre soll man knapp 1.400,00 € bezahlen.
Das OLG Düssldorf hat hierzu in seiner Entscheidung vom 14.02.2012 festgestellt:
„Die Versendung eines Angebotsschreibens für einen erstmaligen Eintrag in ein Internet-Branchenverzeichnis, das nach seiner Gestaltung und seinem Inhalt darauf angelegt ist, bei einem flüchtigen Leser den Eindruck hervorzurufen, mit der Unterzeichnung und Rücksendung des Schreibens werde lediglich eine Aktualisierung von Eintragungsdaten im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses vorgenommen, verstößt gegen das Verschleierungsverbot des § 4 Nr. 3 UWG sowie gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG.“
Das Urteil scheint die Anbieter wenig beeindruckt zu haben, da weiterhin solche Werbebriefe versandt werden.
Es bleibt der sicherste Weg die Formulare gar nicht erst auszufüllen und diese  direkt zu entsorgen.

 

 

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Benachteiligung aufgrund des Alters bei der Stellenausschreibung

Arbeitgeber müssen ihre Stellenausschreibungen nicht nur geschlechtsneutral, sondern auch für alle denkbaren Altersgruppen erstellen. Andernfalls drohen Entschädigungsansprüche. So entschied das Bundesarbeitsgericht:

Enthält eine Stellenausschreibung den Hinweis, dass Mitarbeiter eines bestimmten Alters gesucht werden, so scheitert der Anspruch eines nicht eingestellten älteren Bewerbers auf eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nicht allein daran, dass der Arbeitgeber keinen anderen neuen Mitarbeiter eingestellt hat.

Die potentielle Arbeitgeberin hatte im Juni 2009 mittels einer Stellenausschreibung zwei Mitarbeiter im Alter zwischen 25 und 35 Jahren gesucht. Der 56 Jahre alte Kläger bewarb sich um eine Stelle, wurde aber nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Obwohl solche durchgeführt worden waren, stellte die Beklagte keinen anderen Bewerber ein. Der Kläger macht geltend, er sei wegen seines Alters unzulässig benachteiligt worden und verlangt von der Beklagten eine Entschädigung nach dem AGG. Die Vorinstanzen haben seine Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers  hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hätte die Entschädigungsklage nicht allein mit der Begründung abweisen dürfen, ein Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG scheide allein deshalb aus, weil sie keinen anderen Bewerber eingestellt habe. Der Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dies wird bei seiner Entscheidung über das Bestehen des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs ua. zu prüfen haben, ob der Kläger für die ausgeschriebene Stelle objektiv geeignet war und ob eine Einstellung wegen seines Alters unterblieben ist.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. August 2012 – 8 AZR 285/11
-Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil
vom 10. November 2010 – 17 Sa 1410/10 –

 

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